Fischmarkt unter Wasser - Hamburgs schönste Sturmflut-Tradition

Land unter am Fischmarkt – mit Ansage.
Zweimal im Jahr, im Frühjahr und im Herbst, wenn die ersten Sturmtiefs aus Nordwest über die Nordsee fegen, passiert am Hafen das, worauf halb Hamburg irgendwie regelmäßig wartet: Der Fischmarkt geht baden. Dann schwappt die Elbe über die Kaimauer, die Fischauktionshalle glänzt im Flutlicht, und Schaulustige aus aller Welt strömen herbei und zücken ihre Handys. Für die einen ist’s Naturgewalt, für uns Hanseaten: ein vertrautes Ritual zwischen Sturm, Stolz und nassen Socken: "Jo, is nu mal so!"

Warum das immer wieder passiert.
Der Fischmarkt liegt an Hamburgs tiefstem Punkt – rund vier Meter unterhalb der Hochwasserschutzlinie. Im 19. Jahrhundert wurde das Gelände extra so angelegt, damit die Fischer ihre Fänge direkt löschen (von Bord bringen) konnten. Als nach der verheerenden Sturmflut von 1962 die Deiche auf bis zu 7,80 Meter erhöht wurden, hat man den Fischmarkt bewusst vor der Mauer gelassen. Kein Versehen – sondern System.
Er ist Hamburgs Pufferzone, das Sicherheitsventil zwischen Elbe und Stadt. Wenn der Sturm das Wasser hochdrückt, darf es hier überlaufen, damit die Kraft der Welle sich abbaut, bevor sie auf die Stadt trifft. Kurz gesagt: Wenn der Fischmarkt baden geht, bleibt St. Pauli trocken.
Wie hoch das Wasser steigt.
Schon ab etwa 3,50 Meter über Normalnull läuft das Pflaster voll, bei 5 bis 6 Metern steht die Halle selbst im Wasser. Das passiert mehrmals im Jahr – meist zwischen Oktober und März, wenn Nordwestwind und Springtide zusammenkommen. Dann ist die Stimmung fast festlich: Fotografen, Fernsehteams, Einheimische und Touristen drängen sich an den Geländern. Der eine staunt, der andere lacht – Hamburg zeigt sich von seiner schönsten, nassen Seite.

Kein Drama – sondern Hamburg pur.
Hier ist alles auf Sturmflut eingestellt: erhöhte Stromkästen, wasserfeste Türen, robuste Mauern. Nach dem Rückzug der Elbe wird einfach gespült, geschrubbt und gelacht. Für uns ist das keine Katastrophe – das ist Elbleben mit Ansage. Ein Schauspiel aus Wasser, Wind und hanseatischer Gelassenheit.
"Wenn’s nicht Wellen schlägt, ist’s kein richtiges Hochwasser." – sagt der Hamburger und bestellt sich danach ’n Kaffee in der Halle.
Fazit mit Wind und Herz.
Der Fischmarkt ist Hamburg, wie’s leibt und lebt: sturmerprobt, stolz und salzig. Wenn also wieder das Wasser steigt und Touristen nervös aufs Handy schauen, dann weißt du: Alles im Lot. Der Fischmarkt tut nur, was er soll – er atmet mit der Elbe.
Du fühlst Hamburg - Du willst Hamburg!
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